„Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte“ – Clara Zetkin, 1910
1910 hat die Frauenrechtlerin Clara Zetkin vorgeschlagen, künftig jedes Jahr einen internationalen Frauentag zu begehen. Schon gut sechs Monate später, am 19. März 1911, fand der erste Internationale Frauentag statt. Allein in Berlin demonstrierten etwa 45.000 Menschen. Ihre wichtigsten Forderungen: Einführung des Frauenwahlrechts und Teilhabe an der politischen Macht. 1911 war es nur finnischen Frauen erlaubt zu wählen, in Deutschland wurde ihnen das Wahlrecht 1918 mit dem Reichswahlgesetz zugesprochen, Anfang 1919 – also vor genau 100 Jahren – haben Frauen in Deutschland erstmals von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können.
Doch was ist in dieser über 100-jährigen Geschichte geschehen?
Seit 1921 wird der Internationale Frauentag am 08. März begangen. Unter der NS-Herrschaft war der Internationale Frauentag als sozialistischer Feiertag verboten, die Nationalsozialisten propagierten den Muttertag und die „biologische Verpflichtung“ der Frau.
Zwei Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges wurde der 08. März in der Sowjetischen Besatzungszone wieder gefeiert. Damit begann die Tradition in der SBZ, Frauen besonders in Bezug auf ihre Arbeitskraft zu würdigen. Die Sozialistische Einheitspartei (SED) verwandelte den Frauentag unter dem Motto „Gruß und Dank den Frauen“ in den 1950er Jahren zum staatlich angeordneten Feierritual. Aber auch in der DDR waren Fraueninteressen den allgemein politischen Zielen untergeordnet. Ziel der Würdigung war vor allem, dass sich DDR-Frauen an der Seite der Sowjetbürgerinnen und Frauen aus anderen „friedliebenden Ländern“ in die Front gegen den „westlichen Imperialismus“ einreihen.
Wenngleich seit 1949 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eindeutig festlegt, dass „Alle Menschen (…) vor dem Gesetz gleich“ sind, wurde der Staat erst 1994 dazu verpflichtet, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu fördern. Nochmal drei Jahre später, nämlich erst 1997, stimmte der Bundestag für die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe.
In Westdeutschland erlangte der 08. März erst mit der neuen Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre ein neues Bewusstsein. Seit den 1980er Jahren hat der Feiertag in ganz Westeuropa wieder an Bedeutung gewonnen. Die Forderungen orientierten sich hauptsächlich an den historischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts Frauen für ihre fundamentalen politischen und bürgerlichen Rechte, wie etwa das Recht auf Bildung, kämpften, stand in den 1960er und 70er Jahren etwa der Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen 218 im Fokus – ein Thema, welches sich auch in heutigen Diskussionen wiederfindet. Und auch die Frage nach der Rolle von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen ist in Diskussionen um eine Frauenquote in Parlamenten aktueller denn je. Global gesehen steht der Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen weiterhin im Zentrum der Frauenbewegung.

Denn auch heute gibt es viele Regelungen, bei denen Frauen das Nachsehen haben: Trotz Elterngeld, der Quote für Frauen in Führungspositionen, Mindestlohn und Rückkehrrecht auf vorherige Arbeitszeit laufen Frauen „noch immer Gefahr, ihre Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen zu können“, so der SPD-Abgeordnete Sönke Rix.
Das macht sich etwa deutlich in der Besteuerung von Hygieneartikel für Frauen, also Tampons, Binden und Menstruationstassen. Hier fallen 19 Prozent Umsatzsteuer an – dabei sollen wichtige Güter des täglichen Bedarfs eigentlich mit dem reduzierten Satz von 7 Prozent besteuert werden. Wenn man also für Kavier, Schnittblumen und Kunstgegenstände weniger Steuern zahlt als für Hygieneartikel, auf die Frauen im Alltag angewiesen sind, zeigt einmal mehr, dass die Frauenbewegung noch lange nicht am Ziel ist.
Und auch andere Beispiele machen deutlich, wie lange der Weg noch ist, der vor uns liegt: Studien zufolge verdienen Mütter weniger und werden seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als Frauen ohne Kind – bei Vätern ist es umgekehrt! Und auch unabhängig der Tatsache, ob Frauen sich für Kinder entscheiden, zeigt sich, dass Deutschland laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit 21 Prozent eine der größten Verdienstlücken zwischen Frauen und Männern in Europa hat.
Im Bundestag sieht es mit der Frauenquote auch alles andere als gut aus, sie ist sogar rückläufig: 31 Prozent, das ist so viel – oder wenig – wie vor 20 Jahren. Um dem entgegenzutreten, werden verschiedene Ansätze diskutiert, vor allem seitdem der Landtag in Brandenburg entschieden hat, dass ab 2020 bei Landtagswahlen gleichviele Frauen und Männer als Listenkandidaten aufzustellen sind. Und auch im (europäischen) Ausland wird das Thema kontrovers diskutiert: In Frankreich wurden finanzielle Regelungen geschaffen, um die Parteien zu mehr Parität zu motivieren.
Du möchtest dich mehr mit dem Thema beschäftigen? Komm‘ bei uns vorbei! Denn wir kämpfen weiter für Selbstbestimmung und Gleichberechtigung!

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Weitere Literatur: 100 Jahre Frauenwahlrecht
Quellen: bpb: 8. März: Weltfrauentag, 08.03.2019; tagesschau: Wie es zum Weltfrauentag kam, 08.03.2019; stern: Wie weit sind wir mit der Gleichberechtigung von Frauen in Deutschland?, 08.03.2019; tagesschau: „Wenn das von oben kommt, klappt das auch“, 08.03.2019